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„Vorerst ist alles noch ganz harmlos“

Das Jenaer Polizeibataillon 311 im 2. Weltkrieg – Eine Spurensuche. Es waren scheinbar schöne Zeiten, als zumeist etwa 30-jährige Freiwillige aus ganz Deutschland, darunter aus Thüringen und Jena, im Frühjahr 1940 im Polizei-Ausbildungs-Bataillon Jena eine Laufbahn als Wachtmeister begannen.

„Vorerst ist alles noch ganz harmlos“ ©Stadtmuseum Jena

Aus ihren Briefen geht hervor, dass es gut zu essen gab, der Ton „rauh, aber herzlich“ war. „Vorläufig ist alles noch harmlos“, resümierte Peter Welvers, einer von ihnen, in einer Vorahnung auf Kommendes an seine Frau. Er sollte recht behalten: Als das 500 Mann starke Bataillon Mitte Oktober 1940 nach Krakau, die damalige Hauptstadt des Generalgouvernements, verlegt wurde, war es vorbei mit der „Gemütlichkeit“. Razzien gegen die polnische und jüdische Bevölkerung standen auf der Tagesordnung, Verhaftungen und Deportationen, ab März 1941 die „Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit“ im Ghetto Krakau der umliegenden Ortschaften. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 begann auch der nationalsozialistische Vernichtungskrieg gegen die europäischen Juden bis dahin unvorstellbare Dimensionen anzunehmen. Beteiligt daran war auch das Jenaer Polizeibataillon. Seine Blutspur zieht sich, in Lemberg/Lvov beginnend, durch die Ukraine, Südrussland und Ostpolen bis nach Bialystok, wo im August 1943 bei der Räumung des dortigen Ghettos über 30.000 Juden in die Vernichtungslager oder zur Zwangsarbeit deportiert wurden. Bis zum Sommer 1944 wurden bei Operationen gegen Partisanenverbände in Weißrussland ganze Regionen dem Erdboden gleich gemacht, Tausende Männer, Frauen und Kinder erschossen oder lebendigen Leibes in den Dorfkirchen verbrannt. Die zeitweilig an den Heimatstandort Jena zurückversetzten Ordnungspolizisten bewachten das Außenlager Jena des KZ Buchenwald, ein Bombenräumkommando aus KZ-Häftlingen und den letzten Todesmarsch aus Buchenwald durch Jena oder versahen „ganz normalen“ Revierdienst. Das kurze Leben des Polizisten Peter Welvers, für den am Anfang alles ganz harmlos schien, endete mit einem Granattreffer am 16. Februar 1942 an der Front in Losowaja, einem kleinen Ort tief in der Ukraine. 58 Jahre später konnte Uwe Welvers die sterblichen Überreste seines Vaters in einem anonymen Massengrab lokalisieren und nach Deutschland überführen. Die meisten der überlebenden Polizisten kamen nach dem Krieg ohne Strafverfolgung davon. Im Osten verurteilte die SMAD Polizisten pauschal zu 25 Jahren Arbeitslager, langjährige Ermittlungen des Ministeriums für Staatssicherheit wurden in den 1980er Jahren ohne Gerichtsverfahren eingestellt. Ermittlungen im Westen endeten im Fall des Polizeibataillons 311 ebenso mit der Schließung der Aktendeckel. Erst die nach der Wiedervereinigung Deutschlands mögliche Aufarbeitung der überlieferten Polizei-Akten, Akten des MfS und bundesdeutscher Staatsanwaltschaften sowie britischer Geheimdienstakten erlaubte es, die Geschichte und die Verbrechen des Polizeibataillons 311 erstmals umfassender zu rekonstruieren. Die Ausstellung des Stadtmuseums Jena gibt einen Einblick in den Stand dieser Spurensuche.

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